Bataille Georges Das Blau des Himmels 

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- So geh doch schon!
Auch Xenia flehte. Ich erwiderte:
- Begreifst du, was geschehen wird, wenn du bleibst?
Dorothea lachte zynisch, während sie Xenia fixierte. Ich
schob Xenia auf den Flur hinaus: Xenia, die Widerstand
leistete, beschimpfte mich murrend. Von Anfang an war sie
von Sinnen und  dessen bin ich sicher  sexuell äußerst
erregt. Ich stieß sie, aber sie schrie und wehrte sich wie ein
Teufel. In ihrem Gesicht lag Gewalttätigkeit; ich stieß sie
mit aller Kraft zurück. Xenia fiel der Länge nach quer auf
den Flur. Ich verriegelte die Tür. Ich war verrückt gewor-
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den. Auch ich war ein Tier, doch zitterte ich gleichzeitig.
Ich hatte mir eingebildet, Dorothea würde sich, während ich
mit Xenia beschäftigt war, aus dem Fenster stürzen.
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Dorothea war erschöpft; sie ließ sich widerspruchslos tra-
gen. Ich legte sie zu Bett: sie ließ es geschehen, mit nackter
Brust schlaff in meinen Armen liegend. Ich trat wieder ans
Fenster. Ich schloß die Läden. Erschreckt sah ich, wie Xenia
das Hotel verließ. Im Laufschritt überquerte sie die Rambla.
Ich konnte nichts tun: ich durfte Dorothea keinen Augen-
blick allein lassen. Ich sah, daß sich Xenia nicht in Richtung
der Schießerei, sondern auf die Straße zu bewegte, in der
Michael wohnte. Sie verschwand.
Die ganze Nacht war unruhig. An Schlaf war nicht zu
denken. Allmählich nahm der Kampf an Intensität zu. Erst
gaben die Maschinengewehre, dann die Kanonen Feuer.
Vom Hotelzimmer aus, in dem Dorothea und ich ein-
geschlossen waren, konnte das etwas Grandioses haben, im
Grunde aber war es unbegreiflich. Ich verbrachte einen
Teil der Zeit damit, in diesem Zimmer auf und ab zu gehen.
Mitten in der Nacht setzte ich mich, als Stille eintrat, auf
den Bettrand. Ich sagte zu Dorothea:
- Ich verstehe nicht, daß du in eine Kirche gegangen bist.
Wir schwiegen darauf lange. Sie zuckte zusammen, ant-
wortete aber nicht.
Ich fragte sie, weshalb sie nichts sage.
Sie träume, erwiderte sie mir.
- Aber wovon träumst du?
- Ich weiß nicht.
Ein wenig später sagte sie:
- Ich kann mich vor ihm niederwerfen, wenn ich glaube,
daß er nicht existiert.
- Weshalb bist du in die Kirche gegangen?
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Sie drehte mir in ihrem Bett den Rücken zu.
Sie sagte noch:
- Du solltest gehen. Es wäre besser, ich bliebe jetzt allein.
- Wenn es dir lieber ist, kann ich ausgehen.
- Du willst in den Tod rennen&
- Warum? Nicht alle Kugeln treffen. Hör doch: die
Schießerei dauert an. Das beweist deutlich, daß auch die
Kanonenkugeln noch Leute genug verschonen.
Sie hing ihren eigenen Gedanken nach:
- Das wäre weniger verlogen.
Nun wandte sie sich mir zu. Sie sah mich ironisch an:
- Wenn du wenigstens den Kopf verlieren könntest!
Ich verzog keine Miene.
3
Am anderen Nachmittag flackerte der Straßenkampf, der an
Intensität eingebüßt hatte, von Zeit zu Zeit wieder ernst-
lich auf. Als gerade Ruhe eingetreten war, rief Xenia aus
dem Büro des Hotels an. Sie schrie in den Apparat hinein.
Dorothea schlief gerade. Ich ging in die Halle hinunter.
Dort stand Lazare und bemühte sich, Xenia zu stützen.
Schmutzig, mit aufgelösten Haaren, machte Xenia den Ein-
druck einer Wahnsinnigen. Lazare war wie immer ver-
schlossen und finster.
Xenia, die sich Lazare entwand, stürzte sich auf mich.
Als wollte sie mir an die Kehle springen.
Sie schrie:
- Was hast du angerichtet?
Auf der Stirn hatte sie eine breite Wunde, die aus einer
aufgerissenen Kruste blutete.
Um sie zum Schweigen zu bringen, ergriff ich ihre Hand-
gelenke und bog sie ihr zurück. Sie hatte Fieber, sie zitterte.
Ohne Xenias Handgelenke loszulassen, fragte ich Lazare,
was geschehen sei.
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Sie sagte zu mir:
- Michael ist getötet worden und Xenia ist überzeugt, daß
das ihre Schuld sei.
Ich mußte mich anstrengen, um Xenia im Zaum zu halten:
während Lazare berichtete, setzte sie sich zur Wehr. Wie
eine Wilde versuchte sie, mich in die Hand zu beißen.
Lazare half mir, sie festzuhalten: sie hielt ihren Kopf.
Auch ich zitterte.
Nach einer kleinen Weile beruhigte sich Xenia.
Benommen stand sie vor uns.
Mit rauher Stimme sagte sie:
- Warum hast du mich so behandelt?& Du hast mich
auf den Boden geworfen& wie ein Tier&
Ich hatte ihre Hand genommen und drückte sie heftig.
Lazare ließ ein feuchtes Handtuch bringen.
Xenia sprach weiter:
- & zu Michael& bin ich abscheulich gewesen& Wie
du zu mir& das ist deine Schuld& er liebte mich&
niemand in der ganzen Welt, nur er liebte mich& Ich habe
mit ihm gemacht& was du mit mir gemacht hast& er
hat den Kopf verloren& er ist in den Tod gerannt& und
jetzt& Michael ist tot& es ist schrecklich&
Lazare legte ihr das Handtuch auf die Stirn.
Wir stützten sie jeder auf einer Seite, um sie auf ihr
Zimmer zu bringen. Sie schleppte sich nur mühsam fort.
Ich weinte. Ich sah, daß Lazare gleichfalls zu weinen be-
gann. Die Tränen rannen ihr über die Wangen: dennoch
hatte sie nichts von ihrer Selbstbeherrschung noch von
ihrer Düsternis verloren, und es war schauerlich, ihre Trä-
nen rinnen zu sehen. Wir legten Xenia in ihrem Zimmer auf
das Bett.
Ich sagte zu Lazare:
- Dirty ist hier. Ich kann sie nicht allein lassen.
Lazare sah mich an, und in diesem Augenblick wußte ich,
daß sie nicht mehr den Mut hatte, mich zu verachten.
Sie sagte schlicht:
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- Ich werde bei Xenia bleiben.
Ich drückte Lazare die Hand. Ich ließ meine Hand sogar
einen Augenblick in der ihrigen ruhen. Aber sofort dachte
ich, daß ja Michael und nicht ich gestorben war. Dann
schloß ich Xenia in meine Arme: ich hätte sie wirklich
gern geküßt, aber ich fühlte mich jählings zum Heuchler
werden, ich wandte mich ab. Als sie sah, daß ich ging, be-
gann sie reglos zu schluchzen. Ich trat in den Flur hinaus.
Angesteckt, weinte auch ich.
4
Bis Ende Oktober blieb ich mit Dorothea in Spanien. Xenia
kehrte mit Lazare nach Frankreich zurück. Dorothea fühlte
sich von Tag zu Tag wohler: nachmittags ging sie mit mir
in die Sonne hinaus (wir hatten uns in einem Fischerdorf
einquartiert).
Ende Oktober hatten wir kein Geld mehr, weder sie
noch ich. Dorothea mußte nach Deutschland zurückkehren.
Ich sollte sie bis Frankfurt begleiten.
An einem Sonntagmorgen (am ersten November) kamen
wir in Trier an. Wir mußten den nächsten Tag abwarten,
bis die Banken geöffnet hatten. Am Nachmittag war es
regnerisch, aber wir konnten uns nicht im Hotel einschlie-
ßen. Wir wanderten aus der Stadt heraus bis zu einer An-
höhe über dem Moseltal. Es war kalt, die ersten Regen-
tropfen fielen. Dorothea trug einen Reisemantel aus grauem
Tuch. Ihre Haare waren vom Wind zerzaust, sie wurde vom
Regen durchnäßt. Als wir die Stadt verließen, baten wir
einen unansehnlichen Mann mit Schnauzbart und einer
Melone, uns den Weg zu zeigen. Mit verblüffender Höflich- [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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